Der Wiederbeschaffungswert stellt den Wert dar, den man zur Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges benötigt, sowie dieser unmittelbar vor dem Unfallereignis war. Er berücksichtigt Alter, Laufleistung, Ausstattung, Pflegezustand, örtliche Marktlage und sonstige wertbeeinflussenden Faktoren.
Es gehört zu den Aufgaben eines Sachverständigen, eine marktgerechte, individuelle Bewertung des gebrauchten Fahrzeugs und seiner Teile durchzuführen. Zu berücksichtigen sind vor allen Dingen Faktoren, die den Wert des Fahrzeugs beeinflussen können. Bezugnehmend ist hier der vorgegebene Stichtag oder der Schadentag. Im Gutachten muss der Bezugszeitraum angegeben werden. Eine sachgerechte Bewertung ist im Einzelfall durch Marktübersichten für gebrauchte Fahrzeuge oder Fahrzeugteile zu erreichen. In Inseraten in regionalen Zeitungen, bei Händlerangeboten und in Internetbörsen findet der Sachverständige Orientierung. Bei der Errechnung eines konkreten Wiederbeschaffungswertes ist auch auf den Neupreis zu achten.
Erstzulassung:
Das Datum der Herstellung eines Fahrzeuges ist häufig nicht gleichzusetzen mit dem Tag der Erstzulassung. Über die sogenannte FIN-Abfrage kann das genaue Herstellungsdatum abgefragt werden, aus Zulassungsbescheinigungen oder aus der Betriebserlaubnis das Datum der Erstzulassung. Bei Fahrzeugen, die erstmals im Ausland zugelassen wurden oder mit Zollkennzeichen, sind die Angaben in der entsprechenden Bescheinigung häufig nicht identisch mit dem Tag der Erstzulassung. Diese Registrierung wird im Ausland nicht vorgenommen. Für eine spätere Zulassung in Deutschland ist eine Zulassungsbescheinigung Teil II nötig. In diesem Fall muss jedoch auch anhand der FIN oder einer Rückfrage beim Hersteller recherchiert werden.
Fahrleistung:
Um eine korrekte Bewertung vornehmen zu können, ist die exakte Fahrleistung (km/Meilen/ Betriebsstunden) evtl. anhand von Nachweisen wie Inspektionsnachweisen, Reparaturrechnungen, Merkmale der Abnutzung, vom Sachverständigen festzustellen.
Sonderausstattung:
Bei Sonderausstattung kann man nur eine Wertsteigerung anrechnen, wenn diese Teile nicht serienmäßig zum Fahrzeug gehören, wie z.B. Lederausstattung, Navigationssystem, Klimaanlage, Servolenkung, Schiebedach). Der Wert des Fahrzeugs wird hierbei bestimmt durch die sinnvolle Nutzungsmöglichkeit der Sonderausstattung. Fußmatten, Zierstreifen etc. spielen bei der Bewertung keine Rolle.
Aufwendungen:
Oft werden Aufwendungen für Reparaturen vom Halter des Fahrzeuges als werterhöhend angesehen, die allerdings für den eigentlichen Wert des Fahrzeuges keinerlei Bedeutung haben. Der Sachverständige muss daher zwischen werterhöhenden und wertverbessernden Aufwendungen unterscheiden. Bei einem relativ neuen Fahrzeug, das mit einem neuen Motor/Getriebe versehen wurde, ist die Wertverbesserung als relativ gering anzusehen, besonders dann, wenn das Auto sich noch in der Garantiezeit befindet. Allerdings wird eine ähnliche Situation bei einem älteren Fahrzeug den Wert verbessern. Ebenso können Reparaturen an älteren Fahrzeugen Motor/Getriebe werterhöhend wirken. Auch Reparaturen von Verschleißteilen oder Erneuerungen sowie Arbeiten an Bremsen, Auspuff, Kupplung etc. können den Wert nur dann ändern, wenn Sie unmittelbar vor der Bewertung ausgeführt wurden. Werden Arbeiten, die den Wert des Fahrzeuges erhöhen, berücksichtigt, müssen diese im Gutachten immer vermerkt werden, mit entsprechenden Nachweisen, die in Kopie in den Unterlagen des Sachverständigen aufzubewahren sind.
Verwendungszweck:
Verwendungszweck und Einsatzart des Fahrzeuges geben Aufschluss darüber, wie das Fahrzeug beansprucht worden ist. Bei extremem Einsatz, wie z.B. bei Mietwagen, Fahrschulwagen, Anhängerbetrieb, Taxen, Fahrzeug eines starken Rauchers, Fischtransport usw. werden entsprechende Abschläge berücksichtigt.
Wertmindernde Faktoren:
Wertmindernde Sachverhalte sind notwendige, aber noch nicht ausgeführte Reparaturen am Aufbau und an Motor/Getriebe. Das Käuferinteresse an einem Fahrzeug, bei dem in Kürze Reparaturarbeiten an Verschleißteilen anstehen, ist gering. Auch fällige Untersuchungen nach § 29 StVZO (HU) oder § 49 (AU) sind mit Kosten verbunden und könnten weitere Reparaturarbeiten erfordern, die dann den Wert des Fahrzeuges mindern. Der Sachverständige sollte bei den Formulierungen in seinem Gutachten von allgemeinen Aussagen, wie z.B. „dem Alter entsprechend“ absehen. Solche Formulierungen sind nicht konkret und der eigentliche Zustand des Fahrzeuges ist damit nicht nachvollziehbar angegeben. Alleine der optische und technische Zustand der Erhaltung des Fahrzeuges ist objektiv zu beschreiben.
Vorbesitzer:
Die Fahrzeugpapiere geben nur bedingt Auskunft darüber, wie viele Vorbesitzer das Fahrzeug hatte. Diese, in Verbindung mit der jeweiligen Haltedauer, geben Informationen auf die Beanspruchung des Fahrzeuges. Kurze Zulassungsintervalle und Besitzerwechsel können darauf hinweisen, dass möglicherweise dem Fahrzeug Mängel anhaften. Für den 2. Besitzer können 3-5% und für drei und mehr Besitzer 5-10% vom errechneten Grundwert beachtet werden. Sollten notwendige Papiere nicht eingesehen werden können, ist dennoch die Anzahl evtl. Besitzer anzugeben, mit der Angabe, wer diese Angaben gemacht hat oder von wo/wem sie übernommen wurden. Außerdem muss geprüft werden, ob sie der Beurteilung des Sachverständigen entsprechen.
Markt:
Normalerweise sind Fahrzeugmodelle, die nicht mehr hergestellt werden, aber noch nicht Oldtimer/ Youngtimer sind, auf dem Markt der Gebrauchtfahrzeuge nicht so gefragt wie Fahrzeugmodelle, die noch hergestellt werden. Teilweise bieten Hersteller Auslaufmodelle mit umfassender Sonderausstattung (Zubehör) mit deutlichen Preisabschlägen an. Erst unmittelbar nach dem Modellwechsel macht sich die Typenüberalterung bemerkbar, sie verliert jedoch im Laufe der Zeit an Bedeutung. Dies gilt auch für Fahrzeuge, die über abgeänderte Importwege vertrieben wurden. Dabei ist unbedingt auf die EG-Typengenehmigung zu achten.
Altschäden:
Alle erkennbaren Beschädigungen, die nicht behoben worden sind, stellen einen Aufwand dar, der kalkulierbar ist. Das können verschiedene Schäden sein, z.B. Unfall-, Betriebs-, Gebrauchs-, Verschleiß- und Korrosionsschäden sein. Bei behobenen Schäden handelt es sich um Vorschäden, wenn sie sach- und fachgerecht repariert worden sind. Nach einer Unfallreparatur reduziert sich – bei weiterer Fahrzeugnutzung – merklich schneller der merkantile Minderwert als der gesamte Wert des Fahrzeuges nach einigen Jahren ist er völlig bedeutungslos.
Sonstiges:
Es ist eine entsprechende Abwertung erforderlich, wenn das Fahrzeug nicht im deutschen Markt gefertigt wurde und eine geminderte Ausstattung aufweist. Regional oder auch jahreszeitlich bedingt, kann die Marktlage große Unterschiede aufweisen, wozu auch das für das Fahrzeug in der Region angebotene Händler- und Servicenetz oder die Lage des Herstellerwerkes. Oft liegt auch ein regional begründeter Einfluss vor, auch wegen Verwendungsart und Nutzungsmöglichkeit (z.B. Fahrzeuge mit Allrad-Antrieb). Typ und Farbe spielen ebenfalls eine Rolle sowie das Zubehör des Fahrzeuges. Das regionale Marktgeschehen ist vom Gutachter genau zu beobachten und bei seiner Arbeit zu berücksichtigen. Im Bedarfsfall sollen Einzelnachweise angeführt werden.
Umsatzsteuer:
Es obliegt dem Sachverständigen zu prüfen, welche Mehrwertsteueranteile in dem von ihm errechneten Endpreis enthalten sind. Von ihm wird die Information erwartet, ob eine Differenzbesteuerung oder Regelbesteuerung vorliegt oder eine Steuerneutralität. Bei neuen, gewerblich genutzten, häufig geleasten und hochwertigen Fahrzeugen geht man meistens von einer Regelbesteuerung aus. In allen Fällen hat der Sachverständige in jedem Einzelfall die gegebenen Umstände zu überprüfen und seine Angaben begründet darzulegen.
Alle Ermittlungswege zum Wiederbeschaffungswert und Mehrwertsteuer sind nachvollziehbar anzugeben (Berechnungsmethoden, Grundlagen etc.), einschließlich der Gründe, die zu einer besonderen Abwertung oder Erhöhung des Wertes führen. Die Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes und der Mehrwertsteuer und auch der Wertminderung ist protokollarisch bei den Unterlagen zum Gutachten aufzubewahren. Evtl. werden diese Unterlagen z.B. bei einer Qualitätsüberwachung oder bei einem Rechtsstreit vorgelegt werden müssen.